Staunen lässt uns Schönheit entdecken – selbst dort, wo wir sie verloren glaubten.
In der vergangenen Woche wurde mir erneut bewusst, wie kraftvoll das Staunen sein kann. Es ist für mich mehr als ein flüchtiger Moment der Überraschung – es ist eine innere Haltung, die das Potenzial hat, unsere Welt zu verändern. Und genau diese Veränderung brauchen wir manchmal – besonders in unseren Liebesbeziehungen.
Es gibt Phasen, in denen wir trotz aller Vertrautheit in Lieblosigkeit und Negativität abrutschen. Wir sehen weder den anderen noch uns selbst mit den Augen der Liebe und Freude. Wenn wir beginnen, unsere Vorstellungen vom Gegenüber in feste Mauern zu gießen – glauben, genau zu wissen, was der andere denkt, erwartet oder sagen wird. Wenn wir uns auf eine Weise wahrgenommen fühlen, die schmerzt.
Gerade in solchen Momenten kann uns das Staunen helfen, Liebe und Freude neu zu entdecken.
Staunen als innere Haltung
Staunen ist mehr als ein spontaner Reflex auf das Unerwartete – es ist eine Haltung, die wir ganz bewusst kultivieren können. Jeder Mensch hat in seinem Leben schon einmal gestaunt. Und was wir einmal konnten, können wir wieder: Es geht darum, uns daran zu erinnern – und es wieder zu tun.
Staunen bedeutet, festgefahrene Sichtweisen loszulassen und ein neugieriges, unvoreingenommenes Nichtwissen zuzulassen. Wieder öfter „Ah!“ zu sagen und große Augen zu machen. Staunen verbindet uns mit unserer natürlichen Neugier und der Freude am Entdecken.
Staunen in Beziehungen
In Beziehungen zeigt sich Staunen oft im Stillen – im aufmerksamen Zuhören ohne vorschnelle Bewertung, im neugierigen Nachfragen, im ehrlichen Wahrnehmen von Stimmungen, die wir sonst übersehen hätten.
Wer sich im Staunen übt, begegnet seinen Liebsten nicht als „alten Bekannten“, sondern erkennt: Jeder Mensch – ob Partner, Kind oder Freundin – ist immer mehr als das Bild, das wir von ihm oder ihr haben. Im Staunen lassen wir unsere Schutzmechanismen los, die uns so oft in Konflikte, Eskalationen oder emotionale Distanz führen. Stattdessen öffnet sich ein Raum für Neugier, Offenheit und Entdeckung – ein Ausflug in die Welt des anderen.
Wir beginnen, den Sinn und die Liebe im Verhalten, in den Worten und Gedanken des anderen zu sehen.
Staunen schafft Verbindung
Echtes Staunen in Beziehungen bedeutet: Ich sehe dich – immer wieder neu.
Ich traue dir Entwicklung zu, auch dort, wo ich glaube, dich längst zu kennen.
Ich bin bereit, überrascht zu werden – von kleinen Veränderungen, unerwarteten Gesten und der gemeinsamen Geschichte, die nie ganz vorhersehbar ist.
Eine Einladung: Staunen üben – miteinander wachsen
Lasst uns das Staunen füreinander immer wieder neu wagen. Vielleicht durch bewusstes Zuhören, durch einen ungewohnten Perspektivwechsel oder durch einen liebevolleren Blick auf uns selbst, unsere Kinder, unsere Eltern oder unsere Freunde.
Staunen ist kein Ziel – es ist eine tägliche Praxis. Eine Haltung, die uns hilft, das Leben und die Menschen um uns herum als Geschenk und Bereicherung wahrzunehmen.
So entsteht Verbindung, Tiefe und Sinn – und das Staunen wird zur Grundlage für Beziehungen, die lebendig und bedeutungsvoll bleiben.
Impuls für deinen Alltag – Staunen im Gespräch:
Stelle deinem Gegenüber (Partner:in, Kind, Freund:in) heute eine Frage, die du noch nie gestellt hast. Höre mit echtem Interesse zu – ohne sofort zu reagieren oder zu bewerten.